Wacker-Spieler Christoph Buchner im Ferienkicker-Interview

Veröffentlicht von Administrator (wb_admin) am 09.09.2017
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Das wahre Geschäft Fußball-Profi
Mit 19 Jahren ging die Reise los - 28-jähriger Christoph Buchner kehrt nach neun Jahren und sechs Profi-Stationen zu Wacker Burghausen zurück - Der Schein lässt nur wenige glänzen

 

Auf Initiative von Sebastian Kamhuber und Fußball-Abteilungsleiter Wolfgang Hirn (von links) stand Wacker-Halbprofi Christoph Buchner bei einer von Axel Ostrowski moderierten "Pressekonferenz" den 64 Kindern sowie deren Trainer und Betreuer bereitwillig Rede und Antwort. Dabei wurde der Traumberuf Fußballprofi bzw. die "normale" Profikarriere ehrlich und unverblümt dargestellt.

Burghausen / Unterneukirchen (kam). 222 Millionen Ablöse für einen normalen Menschen aus Fleisch und Blut, für dessen Fuß(ball)-Virtuosität allerdings Paris Saint-Germain bzw. ein Scheich aus Katar bereit waren, eine astronomische Rekordsumme zu bezahlen. Die Absurdität für einen Normalbürger greifbar gemacht: 222 Millionen entsprechen 888 Einfamilienhäuser im Wert von 250.000 Euro. Unbestritten Fußballstar oder zumindest Fußballprofi ist der Traum vieler Kinder und Jugendlichen. Allerdings handelt es sich dabei um eine Scheinwelt, die nur wenige "Neymars" glänzen lässt. Die Wirklichkeit verkörpert eher einer wie der 28-jährige Christoph Buchner, der vor dieser Saison nach neun Jahren zum SV Wacker Burghausen heimkehrte und im Rahmen des 9. Fußball-Camps SVU-Ferienkicker 64 Kindern sowie deren Trainer und Betreuer bei einer "Pressekonferenz" Rede und Antwort stand. 

Rund drei Millionen aktive Fußballer laufen in Deutschland Woche für Woche in etwa 170.000 Mannschaften auf. Doch nur etwa 1500 von ihnen verdienen mit dem Sport wirklich so viel Geld, dass es zum Leben reicht. Für die Meisten reicht es aber nur zum Leben während sie die Fußballschuhe schnüren. Nur diejenigen Kicker die es über mehrere Jahre in die 1. und 2. Bundesliga (laut www.transfermarkt.de aktuell 524 bzw. 511) schaffen, schaffen auch etwas für das Leben danach beiseite. Ein Drittligaspieler verdient im Durchschnitt 120.000 Euro im Jahr. Für Regionalliga-Kicker führt die Statistik im Mittel noch 40.000 Euro. Da aber einige, früher höherklassig spielenden Profis oftmals viel Geld absahnen, liegt die Viertliga-Wirklichkeit meist viel tiefer. In einem Punkt herrscht aber absolute Gleichheit: Der Traumberuf Fußballprofi ist von der 1. bis zur 4. Liga ein hartes Geschäft. Und bis man es in die Eliteligen geschafft hat, müssen die jungen Menschen nicht nur tagtäglich ihrem Hobby Kicken nachgehen, sondern eine der härtesten Ausbildungen meistern die es gibt. Davon kann der vor dieser Saison zum Wacker Burghausen nach neun Profijahren und sechs Stationen heimgekehrte Christoph Buchner ein Lied singen. Das der heute 28-jährige nach der Saison 2008/2009 mit großen Ambitionen von der Salzach in die weite Welt des Fußballs aufbrach, verdeutlicht einer seiner damaligen Mannschaftskameraden. Der gelernte Bankkaufmann hat zwar nicht mit Neymar zusammengespielt, aber mit einem aktuellen Mannschaftskollegen des teuersten Fußballers der Welt - mit Torhüter Kevin Trapp. Die meisten Talente werden zwischen sechs und zehn Jahren entdeckt. So auch Christoph Buchner, der als D-Jugendlicher von seinem Heimatverein TuS Alztal Garching zum SV Wacker Burghausen wechselte. Anschließend durchlief er alle Wacker-Jugendmannschaften und legte parallel dazu erfolgreich eine Lehrer zum Bankkaufmann ab. 2008 rückte er in den Profikader auf. Da der hoch gewachsene Defensivspezialist damals mit 19 Jahren in der Regionalliga in seinen 20 Einsätzen starke Leistungen bot, wurden die Scouts namhafter deutscher Vereine auf ihn aufmerksam. "Und dann ging die Reise los", so Buchner in der Nachbetrachtung seiner bisherigen neun Profijahren. Einer seiner ersten Verhandlungspartner war kein Geringer als Fußball-Legende Stefan Kuntz vom Traditionsclub 1. FC Kaiserslautern. Das Gespräch mit dem 30-fachen Nationalspieler und Europameister von 1996 wird der sympathische Sportler nie vergessen. "Als er mir dann auch noch den anmutigen Betzenberg zeigte, war die Entscheidung auch schon gefallen." Buchner unterschrieb einen Dreijahresvertrag und ist nun mit den "Roten Teufeln" offiziell Deutscher Zweitliga-Meister der Saison 2009/2010. Allerdings war die Konkurrenz im Zweitligakader so groß, dass er keine Chance bekam und in Lauterns Reserve 18 Regionalligaspiele absolvierte. Um wieder höherklassiger spielen zu können schloss er sich im Sommer 2010 dem 1. FC Saarbrücken an. Für den Drittligisten bestritt er 26 Spiele. Wiederum zwölf Monate später ging es nach Österreich in die 2. Liga, zum FC Lustenau 07. Nach 23 Einsätzen im Südosten des Bodensees entschied er sich aufgrund der wenig profihaften Bedingungen wieder nach Deutschland zurückzukehren und wechselte in den Osten der Bundesrepublik, zum Traditionsclub Chemnitzer FC in die 3. Liga. Dort hielt es ihn allerdings auch nur ein Jahr und er schloss sich zur Saison 2013/2014 dem Viertligisten Eintracht Trier an. An der Mosel absolvierte er in drei Saisonen 71 Spiele und schoss sieben Tore. Mit Trier wurde er Rheinlandpokalsieger und nahm zweimal am DFB-Pokal teil. Zur Saison 2016/17 wechselte Buchner innerhalb der Regionalliga Südwest zum TuS Koblenz. Nach Vertragsende führte der Weg des FC-Bayern- und Jérôme Boateng-Fan zurück zum SV Wacker Burghausen in der Regionalliga Bayern.

Seine beeindruckendsten Erlebnisse waren das Derby mit dem 1. FC Kaiserlautern II gegen Waldhof Mannheim bei dem es nach Rudelbildung zum Spielabbruch kam. Auch die Spielunterbrechung beim DFB-Pokalspiel Chemnitzer FC gegen Dynamo Dresden bleibt in Erinnerung. Nicht zu vergessen, dass Spitzenspiel mit Eintracht Trier gegen Waldhof Mannheim vor 12.000 Zuschauern. Seine größte Erfolge waren die Rheinlandpokaltriumph mit Eintracht Trier und dem TuS Koblenz sowie die darauf folgenden DFB-Pokalspiele.

Als er nach seiner ersten Profi-Saison von Burghausen nach Kaiserslautern wechselte hatte der 1,90 große Innenverteidiger einen Marktwert von 250.000 Euro. Sollte ihn ein Verein vorzeitig aus seinem bis 30. Juni 2019 laufenden Vertrag herauskaufen wollen, dann würde sich die Verhandlungsbasis für die Nummer 34 der Wackerianner laut www.transfermarkt.de bei 125.000 Euro bewegen. Doch diese Summen "tangieren mich nicht", so Buchner, der 222 Millionen als völlig irrelevant empfindet. Ganz unbedeutet sind die Marktwerte allerdings nicht. Denn diese kommen bei Vertrags- bzw. Verdienstverhandlungen zum Ansatz.

Letzte Saison war der gebürtige Trostberger noch Voll-, seit dieser Saison ist der Halbprofi. Und damit ist der Tagesablauf nicht mehr so, wie sich viele Fußballinteressierte den eines Profis vorstellen. "Harte Arbeit war es vorher auch. Aber jetzt ist mein Alltag ziemlich stressig. Ich arbeite jeden Tag 7 bis 8 Stunden im Campus Burghausen und anschließend haben wir ab 18 Uhr drei- bis viermal Training und ein bis zwei Spiele pro Woche." Dennoch bereut er keine Minute als Fußballprofi und keine Entscheidung. Ein wichtiger Grund für die Rückkehr nach Burghausen war für den Linksfuß der Freistaat Bayern. "Wenn man soviel unterwegs war wie ich, dann weis man die Heimat richtig zu schätzen und genießen. Ich bin gerne bei Familie und Freunde, wobei beides in den letzten Jahren viel zu kurz kam. Ohne die uneingeschränkte und zeitintensive Unterschützung meiner Eltern Monika und Peter Buchner wäre meine Karriere nicht denkbar gewesen." so der sympathische Sportler, der "am liebsten an einem schönen Badesee chillt".

Die 64 Ferienkickern beim Fußball-Camp des SV Unterneukirchen erfuhren von Christoph Buchner nicht nur eine Menge, sondern wollten auch viel wissen. Auf die Frage wie er zum Fußball kam, kam die Antwort wie sie wohl in 80 Prozent der Fälle sein wird. Sein Vater, Garchings Schwimm-Meister Peter Buchner, der lange Jahre vor den TuS Alztal Garching und SV Unterneukirchen spielte, brachte ihn mit etwa sechs Jahren zum Training und anschließend kam er vom Fußball nicht mehr los. Seiner Erfahrung und Einschätzung nach müssen Kinder aber noch nicht im F- und E-Jugendalter zu größeren Vereinen wechseln. Obwohl er bereits im Besitz eines Trainerscheins ist, möchte Christoph Buchner diesen Job nicht hauptberuflich machen. Er legt seinen Fokus auf einen gesicherten Beruf. "Trainer wenn dann nur nebenbei." Verletzungsanfällig? "Nicht wirklich!" Abgesehen von einem Fußbruch, kleineren Bänder- und Muskelverletzungen sowie schmerzhaften Rippenbrüchen ist der 1,90 Meter große und 78 Kilogramm schwere Topathlet bisher von schweren Sportverletzungen verschont geblieben.

Moderiert wurde die Presse-Konferenz von Axel Ostrowski. Der Wacker-Stadionsprecher zog zu Beginn zusammen mit Buchner ein kurzes Fazit zum bisherigen Saisonverlauf des SV Wacker Burghausen. Ostrowski informierte auch, dass das vor einem Jahr von Uwe Wolf gegenüber den Ferienkickern zugesagte Freundschaftsspiel SV Unterneukirchen gegen SV Wacker Burghausen auch vom neuen Trainer Patrick Mölzl bestätigt wurde. Buchner leitete im Rahmen des dreitägigen Fußball-Camps "SVU-Ferienkicker" kurzzeitig sogar Trainingseinheiten, bei der er "sehr viele motivierte Spieler sah" und von den "vielen verschiedenen Stationen" beeindruckt war.

 

Zuletzt geändert am: 09.09.2017 um 10:23

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