100 Jahre: Leo Wimpersinger bringt den SVU-Stein ins Rollen |
Veröffentlicht von Administrator (wb_admin) am 07.04.2022 |
SVU-Gründungsvorstand Leo Wimpersinger (links), der am 5. April 100 Jahre geworden wäre, mit den Fußballern nach einem ihrer ersten schweißtreibenden Freundschaftsspiele
gegen den ebenfalls 1963 gegründeten DJK-SV Geratskirchen: Karl Spindler (stehend von rechts), Sepp Reisinger, Sepp Gruber, Leonhard Döbler, Bernd Zehetmaier, Sepp Voderhu-
ber, Alois Starzl, Max Schmid, Jakob Maier, Walter Schönstetter und Hermann Kelberger (3. kniend von rechts).
Unterneukirchen (kam). Nur wenige Menschen haben in Unterneukirchen so große Spuren hinterlassen wie Leo Wimpersinger, der am heutigen, 5. April seinen 100. Geburtstag feiern würde. Der Tausendsassa, wie er sich wegen seiner vielschichten Talente und seines unglaublichen Engagements, liebevoll in der hiesigen Geschichte verewigte, war erster Vorsitzender des 1963 gegründeten Sportvereins. Zwar hatten Karl Spindler, Josef Reisinger und
Peter Schmid bereits mit Datum vom 27. Dezember 1961 ein erstes offizielles „G E S U C H S S C H R E I B E N“ an den damaligen Gemeinderat gesendet. Gegründet wurde der Sportverein Unterneukirchen dann aber erst am 20. September 1963 mit 177 namentlich bekannten Mitgliedern. Im Protokoll war damals vermerkt: „Von dieser Personenzahl sind 40 in der Landwirtschaft tätig, was beweist, dass sich der Sport auch in bäuerlichen Kreisen immer größerer Beliebtheit erfreut.“
Leo Wimpersinger war weltoffen und hatte auch immer ein Ohr für die Jugend. Als es den jugendlichen Sportvereinsinitiatoren 1963 wegen fehlender Volljährlichkeit versagt blieb einen Vorstand zu stellen, erklärte sich der damals 41-jährige spontan, nach einem Gespräch beim „Bader Spindler“ bereit, die jugendlichen Kicker zu unterstützen und wurde kurz darauf zum 1. Vorstand des damals nur aus der Fußballabteilung bestehenden Sportverein Unterneukirchen gewählt. Das Amt bekleidete er dann mit viel Um- und Weitsicht 21 Jahre lang bis 1984.
Bereits wenige Monate später wurde am 28. November im Gasthaus Reisinger (heute Gasthof „Zur Alten Schmiede“ Raspl) auch die Abteilung Eisstock gegründet. Leo Wimpersinger, der bereits 1965 als Bojazzl im Bayerischen Fernsehen zu sehen war, zählte zu den Triebfedern und unterstützte den Abteilungsleiter Xaver Zehetmaier nach Kräften. Unbestätigten Aussagen zufolge, soll es aber bereits in den Jahren 1960 bis 1962 unter Federführung Wimpersingers eine äußerst aktive Stockschützenabteilung gegeben haben. Bereits zur damaligen Zeit wurde ganzjährig geschossen. Im Winter auf
Eis, im Sommer mit sogenannten Bürstenstöcken, unter anderen sogar im SedlmaierSaal von Unterneukirchen und Steinberger-Saal in Kastl.
Mit Wimpersingers Unterstützung hoben kurz nach den Fußballern und Eisschützen auch die Turner und Skifahrer ihre Abteilungen aus der Taufe. Damit die Unterneukirchner Sportler ihrem Hobby nachgehen konnten, sprang Leo trotz seines immensen Engagements – unter anderen ab 1952 fast 30 Jahre Gemeinderat sowie Gründer der Freien Wähler und Arbeiterwohlfahrt – des Öfteren in die Bresche, wenn Not an Mann war.
Als das Straßen- und Flussbauamt Traunstein Mitte der 60er-Jahre das Fußballspielen auf dem Platz an der Maderlehner Kurve wegen der vielbefahrenen B299 untersagte, bekamen die Kicker ein Gelände in der damals entstehenden Obergünzlsiedlung zur Verfügung gestellt. Wenn die Kicker extrem dreckig waren und für den Nachhauseweg die Autos kaum benutzen konnten, durften sie, wie konnte es auch anders sein, im Privathaus von Leo Wimpersinger duschen.
Auch 1976 half der begeisterte Eisschütze seinen Schützlingen aus der Patsche. Damals kriselte es bei den Weitschützen im Bayerischen Eissport-Verband (BEV) ziemlich. Als der amtierende BEV-Fachwart überraschend zurücktrat und die Sparte völlig führerlos war, übernahm der große Weitenfan Leo Wimpersinger auch noch das Amt des Bayerischen Weitenwarts. In dieser Eigenschaft holte er 1978 auch die 28. Europameisterschaft in den Landkreis. Die kontinentalen Titelkämpfe waren auf dem Wöhrsee in Burghausen. Obwohl die Eisdecke am Morgen des zweiten Wettkampftages nicht mehr die stärkste
war, glaubten die Verantwortlichen, den Wettbewerb auf dem Gewässer noch durchführen zu können. Bis zum Ende des zweiten Durchgangs ging auch alles gut. Dann gab das Eis jedoch plötzlich nach und einige Funktionäre und Sportler, darunter die Präsidenten der International Federation Icestocksport (IFI) und des Deutschen Eisstock-Verband (DESV), standen bis zu den Hüften im eiskalten Wasser. Dank Wimpersingers guter Kontakte konnte die EM spontan auf die damals etwa 120 Meter lange Weitenbahn des TuS Alztal Garching in die Alzauen bei Wald verlegt werden. Unter seiner Federführung und tatkräftiger Mithilfe aller Funktionäre gingen die Sportler bereits eine Stunde später schon wieder am Mühlbach auf Weitenjagd.
Allerdings lief auch bei dem Organisationsgenie nicht immer alles rund. Leo, der oft bei Skivereinsmeisterschaften als Starter bzw. im Zeitmessteam mithalf, wurde 1976 in Maria Alm als Mitglied der Zeitnehmergruppe von einem fremden Skifahrer dermaßen über den Haufen gefahren, dass er mit gebrochenen Rippen und einem blauen Auge notversorgt und ersetzt werden musste.
Aufgrund seiner immensen Verdienste für den SVU wurde Leo Wimpersinger 1973 mit der Goldene Ehrennadel des Sportvereins Unterneukirchen ausgezeichnet. 1978 folgte die Silberne Ehrennadel des Bayerischen Landes-Sportverband (BLSV) und 1984 das Verbandsehrenzeichen in Gold des Bayerischen Fußballverbands (BFV).
Zuletzt geändert am: 07.04.2022 um 11:02
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